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Schachweltmeisterschaft: Ding gegen Gukesh im Duell

Schachweltmeisterschaft: Ding gegen Gukesh im Duell

Die Schachweltmeisterschaft steht vor der Tür: Ding Liren wird in den kommenden drei Wochen in Singapur um den Weltmeistertitel kämpfen. Anders als viele seiner Vorgänger wird der sympathische Chinese jedoch nicht als Geheimfavorit an den Tisch treten, sondern gilt als Underdog.

„Ich war ein wenig angespannt und habe zu viel nachgedacht“, erklärte Ding gegenüber der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua und sprach damit über seine unerklärliche Formkrise in letzter Zeit. Nach dem Gewinn des Weltmeistertitels zu Beginn des Jahres 2023 lief es für ihn eher suboptimal.

„Ich glaube fest daran, dass ich die Situation wenden kann, vielleicht sogar während der Weltmeisterschaft“, fügte Ding hinzu. Ein Blick auf die Weltwertung zeigt jedoch ernüchternde Tatsachen: Der Weltmeister ist aktuell auf Platz 23.

Dommaraju Gukesh: Ein selbstbewusster Schachkünstler

Im Gegensatz dazu steht sein Gegner: Der erst 18-jährige Dommaraju Gukesh hat in diesem Jahr bereits fast alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt – er siegte im Frühling beim Kandidatenturnier zur Weltmeisterschaft und gewann anschließend mit der indischen Nationalmannschaft die Schacholympiade. Aktuell belegt er den fünften Platz in der Welt.

Gukesh scheint unaufhaltsam. Gewinnt der selbstbewusste Schachkünstler das Duell, das sich über 14 Spiele bis Mitte Dezember erstreckt, würde er der jüngste Schachweltmeister aller Zeiten werden. Doch der Weg ist noch lang.

„Ding kennt bereits die Situation, Gukesh hingegen noch nicht. Das könnte ein Problem für Gukesh sein“, erklärte Jan Gustafsson, der nationale Schachtrainer Deutschlands, gegenüber DW. Trotz aller Schwierigkeiten hat Ding jedoch auch eine große mentale Stärke, wenn der Druck steigt.

Schachenthusiasmus in Indien

In Indien ist das Titelmatch seit Wochen ein heißes Thema unter Sportfans. Die jüngsten Erfolge von Gukesh sowie seinen ebenso jungen Kollegen Rameshbabu Praggnanandhaa und Arjun Erigaisi haben eine Welle des Schachenthusiasmus auf dem Subkontinent ausgelöst. Die besten indischen Großmeister sind mittlerweile fast so populär wie die Cricket-Stars des Landes.

Jetzt hoffen die Schachfans, dass Gukesh in die Fußstapfen von Viswanathan „Vishy“ Anand tritt, dem fünfmaligen Weltmeister, der die Grundlagen für den Schachboom in Indien gelegt hat.

Obwohl die Medienberichterstattung im Vergleich zu vor zwei Jahren zugenommen hat, blicken die Menschen in China wesentlich nüchterner auf das bevorstehende Duell.

„Als Ding Liren die Schachweltmeisterschaft der Männer gewann, stieg das öffentliche Interesse an Schachturnieren weiter an“, äußerte sich Schachfunktionärin Xie Jun gegenüber DW. Der viermalige Weltmeister stammt aus China, einem Land, das in den letzten Jahren den Frauen-Titel dominiert hat.

Schach: Eine Randerscheinung in China

In China ist Schach auch eine staatliche Angelegenheit. In den letzten 30 Jahren hat sich ein umfassendes Schachförderungssystem entwickelt, insbesondere für Frauen. Teil dieses Modells ist das „Männer helfen Frauen“-Training, bei dem die besten männlichen Spieler ihre weiblichen Teamkollegen unterstützen.

Trotz aller Erfolge und dem Comeback der chinesischen Männer unter den besten Spielern der Welt bleibt Schach jedoch ein Randerscheinung im Land. Ein Grund dafür ist, dass Schach nicht die einzige geistige Sportart mit großer Beliebtheit ist.

„Xiangqi und Go haben eine viel breitere Basis in der Bevölkerung“, erklärt Xie Jun, die auch Vizepräsidentin der Schachweltverbandes FIDE ist.

Wer auch immer die Weltmeisterschaft in Singapur gewinnt, eines glaubt Xie Jun bereits zu wissen: „Das Zentrum des Schachs verschiebt sich zunehmend nach Asien.“ Es sind nicht nur China und Indien, wo das traditionelle Brettspiel boomt. Auch in Usbekistan, dem Iran und Kasachstan spielen immer mehr Menschen Schach – und zwar sehr gut.

Diese Entwicklung zieht auch Sponsoren an. In der Vergangenheit wurden Schachweltmeisterschaften vor allem von Unternehmen mit engen Verbindungen zu Russland finanziert. Mit dem Internetgiganten Google, der nun einer der Sponsoren des 2,5 Millionen Dollar schweren Finales ist, zeichnen sich neue Perspektiven für eine neue Ära ab.