Nagelsmann und Deutschlands Zukunft 2024
Am 20. November 2024, als Julian Nagelsmann Florian Wirtz, Jamal Musiala und Kai Havertz nach einer Stunde einwechselte, wurde deutlich, dass der 37-Jährige 2024 mit einem Sieg gegen Ungarn beenden wollte.
Obwohl Deutschland durch ein erstes Länderspieltor von Felix Nmecha in Führung ging, verpassten sie ihren 11. Sieg des Jahres, da ein letzter Elfmeter den Sieg verhinderte. Das 1:1 Unentschieden mindert jedoch nicht die beeindruckende Bilanz von Nagelsmann: In diesem Jahr hat Deutschland mehr Spiele gewonnen als in den letzten beiden Jahren zusammen (10 Siege 2024, 3 Siege 2023 und 4 Siege 2022).
Nach dem letzten Heimspiel des Jahres gegen Bosnien und Herzegowina, das mit einem Sieg endete und den ersten Platz in der Gruppe sicherte, nutzte Nagelsmann die Gelegenheit, seine Mannschaft zu rotieren. Außer dem Torhüter Alexander Nübel, der einige gute Paraden zeigte, fehlten der deutschen Mannschaft jedoch die Ideen. Im Gegensatz zu den letzten Monaten fand Nagelsmanns Team nicht den entscheidenden Pass.
Nagelsmanns Wende
Mit viel Motivation und eigenen Ideen übernahm Nagelsmann im September 2023 das Traineramt von Hansi Flick. Doch sein Start verlief holprig: Ein Sieg, ein Unentschieden und zwei schmerzhafte Niederlagen gegen die Türkei und Österreich bedeuteten, dass Nagelsmann früh auf der Suche nach einer siegreichen Formel war. Taktische und personelle Entscheidungen, wie der Versuch, Kai Havertz gegen die Türkei als Linksverteidiger einzusetzen, sind nicht gut angekommen und sorgten für Unmut innerhalb der Mannschaft. Nach der Niederlage gegen Österreich im November letzten Jahres war die Stimmung im Keller.
Der Wendepunkt kam im März 2024. Bei der Bekanntgabe des Kaders für die ersten Spiele überraschte Nagelsmann alle mit der Nominierung von sechs Neulingen. Die jungen Talente Aleksandar Pavlovic von Bayern, Maximilian Beier von Hoffenheim, Deniz Undav, Maximilian Mittelstädt, Waldemar Anton von Stuttgart und Jan-Niklas Beste von Heidenheim gehörten neu zum Kader. Etablierte Stars wie Mats Hummels, Nico Schlotterbeck, Julian Brandt, Niklas Süle und Leon Goretzka mussten zuhause bleiben.
Dieser drastische Kurswechsel brachte frischen Wind in die Mannschaft und führte zu einer positiven Veränderung der Stimmung. "Es war klar, dass wir die größte Schraube drehen mussten, indem wir nicht die besten Spieler nominierten, sondern diejenigen, die zusammenpassen und deren Rollen gut definiert sind", erklärte Nagelsmann.
Die Rückkehr von Kroos
Manchmal opfert Nagelsmann die individuelle Qualität zugunsten einer guten Teamchemie. Außerdem hat er seine Spielphilosophie vereinfacht und an die Gegebenheiten angepasst. Der 37-Jährige betont oft, dass nicht viel Zeit bis zur WM 2026 bleibt, um Neues auszuprobieren und zu trainieren.
Kurz vor der Heim-Europameisterschaft im Sommer holte Nagelsmann den Weltmeister Toni Kroos zurück in die Mannschaft, der 2021 seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft bekannt gegeben hatte. Kroos spielte eine entscheidende Rolle dabei, Deutschland zu starken Leistungen bei der EM zu verhelfen, was dazu beitrug, wieder die Fans hinter die Mannschaft zu bringen.
Während Deutschland sowohl auf als auch neben dem Platz beeindruckte, wurde die EM zu einem Neuaufguss des Sommermärchens von 2006. Die Mannschaft war wieder nahbar und sympathisch, ohne die Arroganz der Jahre nach dem WM-Titel 2014.
Sogar das frühe und unglückliche Ausscheiden im Viertelfinale gegen die späteren Champions Spanien änderte nichts an der positiven Stimmung im Land und innerhalb der Nationalmannschaft. "Wir genießen es alle", sagte Kapitän Joshua Kimmich nach dem 7:0-Sieg gegen Bosnien und Herzegowina. "Man konnte erkennen, dass klare Strukturen und Rollen geschaffen wurden. Jeder hat diese Rollen angenommen und mit Leben gefüllt."
Nagelsmann pflichtete bei: "Das Land freut sich wieder auf die Spiele der Nationalmannschaft. Wir müssen diese Freude bewahren und immer mit dem Ziel spielen, zu gewinnen und attraktiven Fußball zu zeigen."
Die Gewinnermentalität ist zurück
Nagelsmann hat innerhalb von zwölf Monaten eine beeindruckende Veränderung in der Mentalität und Stimmung bewirkt. In den 15 Spielen 2024 wurden nur neun Tore kassiert, während 35 Tore erzielt wurden – dank des Traumpaars Florian Wirtz und Jamal Musiala, dessen Kreativität, Schnelligkeit und technische Finesse jede Abwehr vor Probleme stellen.
„Generell möchte ich, dass wir uns in den Bus setzen und zum Spiel fahren, mit dem Glauben: 'Natürlich gewinnen wir heute, wir sind Deutschland, wir sind eine Fußballnation, wir gewinnen',“ erklärte Nagelsmann kürzlich in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk.
Nicht nur spielt die Mannschaft besser als vor einem Jahr, Nagelsmann hat auch bewiesen, dass er sich selbst weiterentwickeln, verändern und anpassen kann, wenn es nötig ist. Sein Spielstil und sein Ego stehen hinter dem Erfolg des Teams zurück, und er möchte die Entwicklung fortsetzen.
Ähnlich wie das Vorbild Spanien, welches 2023 die Nations League gewann und in diesem Jahr Europameister wurde, möchte Nagelsmann nun seinen ersten Titel mit Deutschland gewinnen, um die perfekte Basis für den Erfolg bei der WM 2026 zu schaffen.